Geteilte Räume – Strategien für mehr sozialen und räumlichen Zusammenhalt

Geteilte Räume – Strategien für mehr sozialen und räumlichen Zusammenhalt

Grenzraum
Deutschland
Sprache(n)
Deutsch
Einleitung

Kernfrage der Fachkommission “Räumliche Ungleichheit” der Henrich-Böll-Stiftung war ab wann regionale Disparitäten ein Problem sind, das die Leitvorstellung von gleichwertigen Lebensverhältnissen in Frage stellt und zu räumlicher Ausgrenzung führt.

Zusammenfassung

Die Fachkommission hat sich auf der regionalen und der städtischen Ebene mit der Frage beschäftigt, mit welchen Strategien räumliche Ungleichheit und ein daraus resultierendes Gefühl des Abgehängtseins bei Teilen der Bevölkerung verhindert werden kann und hat neun strategische Ansätze formuliert , die sich mit dem Leitbild der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und der Unterstützung der Umsetzung dieses mit einer neuen Bund-Länder finanzierten Förderkulisse, der Stabilisierung der kommunalen Finanzen, der verstärkten Partizipation der Bürger, der Stabilisation ländlicher Abwanderungsregionen sowie einer stärkeren sozialen Durchmischung in Städten beschäftigen.

Inhalt

In Deutschland gibt es, trotz des Verfassungsauftrages der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Regionen, wirtschaftlich prosperierende und wachsende Regionen sowie strukturschwache, sich wirtschaftlich in einer Krise befindliche und von abnehmenden Bevölkerungszahlen geprägte Regionen. Dadurch ergeben sich extrem unterschiedliche Lebensverhältnisse, die eine Auseinandersetzung mit räumlicher Ungleichheit, ihren Ursachen, Entwicklungsverläufen und mit Interventionsmöglichkeiten zur Abfederung bzw. Umkehr der Entwicklung, begründen.

Die Heinrich-Böll-Stiftung hat zur Diskussion dieser Fragen eine interdisziplinär besetzte Fachkommission für zwei Jahre eingesetzt. Die Mitglieder kamen aus der Wissenschaft (Raumwissenschaft, Immobilienökonomie, Stadtsoziologie), der Praxis und der Politik. Das Buch gibt die Ergebnisse der Diskussionen in der Fachkommission wieder, beschreibt Entwicklungen unterschiedlicher Räume, nennt Faktoren, die die räumliche Polarisierung verschärfen und beschreibt Ansätze, die diese Entwicklungen entschärfen oder die Folgen der Entwicklungen abmildern.

Inhalt

Vorwort Sabine Drewes - Geteilte Räume

RAUMBILDER DER UNGLEICHHEIT IN DEUTSCHLAND

  • Rainer Danielzyk - Raumstrukturelle Entwicklungsmuster in Deutschland: Raumtypen mit Problemlagen
  • Silke Franz - LDer Osten ist anders

TREIBER UND BREMSER RÄUMLICHER UNGLEICHHEIT

  • Manfred Kühn - Zuwanderung – eine Perspektive für schrumpfende Städte und Regionen?
  • Guido Spars - Kommunale Investitionen und Finanzen
  • Silke Franz- Raumwirksame Finanzströme: Finanzausgleiche, Fördermittel, Strukturhilfen und ihre Wirkungen auf die territoriale Kohäsion
  • Guido Spars - Kommunale Investitionen und Finanzen

POLARISIERTE STÄDTE

  • Martin Kronauer - Soziale Polarisierung in Städten: Ursachen, Hintergründe und Gegenstrategien
  • Julia Gerometta - Sozialräume driften auseinander – Folgen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt
  • Iris Behr und Klaus Habermann-Nieße - Zusammenhalt stärken durch eine aktive kommunale Wohnungspolitik
  • Julia Gerometta - Die Neue Wohnungsgemeinnützigkeit im Gespräch – Wege zu mehr dauerhaft bezahlbarem Wohnraum
  • Carola Scholz - Funktionen mischen, Nischen sichern, neue Optionen schaffen!
  • Julia Gerometta - Aufbruch für sozialen Zusammenhalt

RESÜMEE

  • Neue Strategien für mehr sozialen und räumlichen Zusammenhalt
  • Zusammenfassung: Wie sieht räumliche Ungleichheit in Deutschland aus, und was ist das Problem?
  • Neun Strategien für mehr sozialen und räumlichen Zusammenhalt

Die Autorinnen und Autoren bzw. Kommissionsmitglieder. Die Fachkommission hat ohne EU-Unterstützung gearbeitet

Fazit

Räumliche Ungleichheit ergibt sich aus ungleichen wirtschaftlichen Dynamiken und sozio-ökonomischen Ungleichheiten. Dabei wird eine räumliche Ungleichheit nicht als grundsätzlich problematisch gesehen, sondern nur dann, wenn durch das kumulative Auftreten negativer Entwicklungen eine Trendumkehr immer schwieriger wird und Menschen von der Teilhabe an der Gesamtgesellschaft ausgegrenzt werden. Die Fachkommission sieht daher einen politischen Interventionsbedarf in erstens peripherisierten ländlichen Räumen, zweitens altindustriell geprägten, marginalisierten Industriestandorten sowie drittens in stark sozial polarisierten Städten. Den Interventionsbedarf auf bundes-, landes- und kommunalpolitischer Ebene konkretisiert sie in neun Strategien für mehr sozialen und räumlichen Zusammenhalt, die sich wie folgt skizzieren und zusammenfassen lassen:

Der Gleichwertigkeitsgrundsatz muss neu interpretiert werden, hin zu dem Auftrag alle Regionen mit bzw. den Zugang zu lebenswichtigen Infrastrukturen der Daseinsvorsorge auszustatten. Die Fachkommission sieht hierfür eine stärkere Beteiligung des Bundes als notwendig an und plädiert für eine Änderung der grundgesetzlichen Grenzen der Beteiligung des Bundes an allgemeinen Infrastrukturen. Die Fachkommission schlägt daraus abgeleitet eine neue Gemeinschaftsaufgabe „Regionale Daseinsvorsorge“ vor, die Förderung sowohl in benachteiligen Stadtquartieren als auch in strukturschwachen Regionen ermöglicht.

Entschuldungsprogramme für strukturschwache Kommunen sollen mittelfristig eine nachhaltige Entschuldung ermöglichen. Auch hier sieht die Kommission eine Teilverantwortung beim Bund, in Bezug auf eine bundesweit vergleichende Evaluation der Entschuldungsprogramme sowie Finanzhilfen für konsolidierungsbedürftige Kommunen.

Förderprogramme sollen stärker auf lokale und regionale Entwicklungskonzepte ausgerichtet werden, die die Politik gemeinsam mit der Bürgerschaft und der Wirtschaft erarbeitet, regelmäßig evaluiert und fortschreibt. Die Lebensbedingungen in ländlichen Abwanderungsräumen sollen stabilisiert werden, wobei die Kommission die Zuwanderung von Geflüchteten als eine zu wenig genutzte und beachtete Chance sieht.

Eine soziale durchmischte „produktive“ Stadt sollte angestrebt werden. Dabei ist eine aktive städtische Bodenpolitik, Bildungspolitik sowie Förderung lokaler Ökonomien zu betreiben.

Die kommunale und regionale Daseinsvorsorge soll aktiv dazu beitragen räumliche und soziale Ungleichheit zu vermeiden. Hierfür sind einerseits eine Integration der Menschen in die (regionale) Definition der lebenswichtigen Infrastrukturen und andererseits ein Einfluss der öffentlichen Hand auf die Leistungserbringung der Daseinsvorsorge entscheidend.

Kernaussagen

Ungleiche wirtschaftliche Dynamiken und sozioökonomische Ungleichheiten haben sich aktuell so verschärft, dass Lebensverhältnisse als stark unterschiedlich bis benachteiligend wahrgenommen werden und so den sozialen Zusammenhalt und Demokratie gefährden. Gleichwertige Lebensverhältnisse sind ein Gestaltungsauftrag, den Bund, Länder und Kommunen unter Beteiligung der Öffentlichkeit aktiv annehmen sollten, um mehr sozialen und räumlichen Zusammenhalt zu erreichen. Hierfür sind künftig besser angepasste Förderinstrumente, mehr Mitgestaltung der Zivilgesellschaft bei gleichzeitig einer wieder stärkeren Regulierung von Märkten und Leistungen (Boden-, Immobilienmärkte) sinnvolle strategische Ansätze.

Leitung

Die Heinrich-Böll-Stiftung setzte die multidisziplinäre Fachkommission ein.

Verfasser des Eintrags
Beiträge

Mitglieder der Fachkommission “Räumliche Ungleichheit” der Heinrich-Böll-Stiftung kamen aus folgenden Bereichen: Wissenschaft, Politik, Stadtplanung, Regionalplanung, Wohnungspolitik, Soziologie

Ansprechpartner

Sabine Drewes

Fonction
Referentin Kommunalpolitik und Stadtentwicklung
Organisation
Henrich-Böll-Stiftung, Deutschland
Erstellungsdatum
2018
Datum
Erschienen in
Heinrich-Böll-Stiftung
Identifikationsnummer

ISBN: 978-3-86928-165-0