Fortbildung zu Planungskulturen und grenzüberschreitender Raumplanung

Am 10. und 11. Februar 2022 fand ein zweitägiger Online-Workshop zum Thema Planungskulturen und grenzüberschreitende Raumplanung in der Großregion statt.

An der Veranstaltung nahmen rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer teil, die sich aus Studierenden, Planungspraktiker:innen und Politiker:nnen aus der gesamten Großregion (Rheinland-Pfalz, Saarland, Luxemburg, Grand-Est und Wallonien) zusammensetzten. Diese interaktive und grenzüberschreitende Fortbildung beinhaltete neben Vorträgen und Diskussionen auch ein Planspiel, das auf die Entwicklung einer grenzüberschreitenden Ökoregion durch die Revitalisierung einer fiktiven Industriebrache abzielt.

Das Planspiel ermöglichte es, die verschiedenen Herangehensweisen in der Raumplanung innerhalb der Großregion sowie die Herausforderungen im grenzüberschreitenden Kontext zu untersuchen, einem bisher wenig entwickelten Ausbildungs- und Forschungsbereich, dem sich die Arbeitsgruppe "Raumplanung" des INTERREG Projekts UniGR-Center for Border Studies widmet.

Das Planspiel wurde auf ähnliche weise bereits mehrfach durchgeführt. Eine Besonderheit war dieses Mal jedoch, dass neben den Praktiker:innen auch Politiker:innen und Studierende der Raumplanung einbezogen wurden. Parallel zu dem für die Teilnehmenden konzipierten Lernprozess sammelten die Forscher:innen zahlreiche Daten, die analysiert, aufbereitet und durch Weiterbildungen, Strategiepapiere, Projekte und wissenschaftliche Veröffentlichungen kommuniziert werden sollen.

Aufgrund von pandemiebedingten Einschränkungen fand das Planspiel, anders als sonst, im Online-Modus statt. Dies stellte eine große technische und logistische Herausforderung dar. Bei der Umsetzung war es dem Organisationsteam wichtig, dass trotz der Rahmenbedingungen ein interaktives und kommunikatives Event veranstaltet wird. Die erste Bilanz der Veranstaltung ist sowohl aus Sicht der Teilnehmenden als auch aus Sicht der Forscher:innen sehr positiv. Die Veranstaltung ist ein gutes Beispiel dafür, wie grenzüberschreitende Kooperationen Hindernisse überwinden können.

 

Interview mit Nicolas Dorkel, Université de Lorraine

An wen adressiert sich das Planspiel?

Bei dieser Ausgabe des Planspiels nahmen zum ersten Mal nicht nur Fachleute aus dem Bereich der Raumplanung teil, sondern auch Abgeordnete mit Raumplanungspraxis sowie Studierende der Geographie oder Raumplanung.
Die Teilnahme von Mandatsträgern erschien aus Forschungssicht logisch, um die Verbindungen zwischen Planung und Politik zu erforschen und die Wechselwirkungen und Abhängigkeiten zwischen Praxis und Politik besser zu verstehen.
Die Beteiligung von Studierenden fügt sich in die Forschung ein, indem sie theoretische und praktische Ansätze gegenüberstellt, sowie als Schlüssel zur Aktivierung, indem sie im Rahmen der Ausbildung eine originelle Sichtweise einbringt, die eine Öffnung der Debatten ermöglicht. 

Welche Vorteile haben Sie durch das Spielen des Planspiels (online)? 

Um dies zu verstehen, müssen wir unsere Ziele beleuchten: Wir wollen Planung in einer konkreten Situation untersuchen, wobei das Online-Spiel einen Teil der Realität darstellt, da Videokonferenzen heutzutage einen so wichtigen Teil der Arbeit ausmachen. Es ist für uns sehr wichtig, die verschiedenen Elemente einer Planungsübung (formell sowie informell) zu verstehen und die Dynamiken der politischen Macht, die einer nationalen und/oder regionalen Planung innewohnen, aufzubrechen. Auf diese Weise können wir die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Planungskulturen in der Großregion erfassen.
Konkret bestand der größte Vorteil des Online-Planspiels darin, dass wir die Veranstaltung nicht absagen mussten. Wir standen vor einer echten Herausforderung. Denn viele der Rückmeldungen und Gespräche, die wir beobachten konnten, fanden in informellen Momenten statt. 
Die Praxis des Online-Spiels erforderte zahlreiche Infragestellungen und ermöglichte es uns, tiefer in das Verständnis des Austauschs einzusteigen. Sie bot auch die Gelegenheit, mit dem Online-Tool "Padlet" zu experimentieren, mit dem wir unser Spielmaterial modellieren konnten.

Auf welche Herausforderungen sind Sie bei der (Online-)Einrichtung und Anwendung des Planspiels gestoßen? 

Die erste Herausforderung bestand darin, die Nähe und den natürlichen Austausch während der Fernsitzungen aufrechtzuerhalten. Unser Spiel verläuft in mehreren Phasen, einige davon im Team, dann in Konfrontationen, manchmal bilateral oder im Plenum. Bei der Datenerhebung nehmen die Akteure des Spiels unterschiedliche Haltungen ein. Es ist vor allem wichtig, dass sie sich in einem kleinen Team sicher fühlen, da sie sich mit anderen Teams austauschen, die dieses Vertrauen genießen. Um einen möglichst geringen Einfluss auf diesen Austausch zu haben, hatten wir unsere Interventionen stets minimiert. Hier ging es darum, mögliche Interventionen zu antizipieren und vorauszusehen, um die Teilnehmer zum Austausch zu bewegen, ohne ihnen diesen oder jenen Aspekt des Spiels vorzuschlagen oder aufzuzeigen.

Wir konnten auf der Seite der Teilnehmer:innen auf einige starke Persönlichkeiten zählen, die ihre Teams vollständig in das Spiel einbezogen haben. Die meisten Schülerinnen und Schüler hatten Bedenken, an einer zweitägigen Schulung teilzunehmen, nutzten aber sehr schnell die ihnen gebotene Freiheit, um Fragen zu stellen und Maßnahmen für die Abgeordneten und Planer vorzuschlagen, die ihrerseits auswählen und fragen konnten, was realisierbar war und was nicht.

Wie bereits erwähnt, gehen die gesammelten Daten über den Austausch während der Spielphasen hinaus. So bereiteten wir Dokumente vor, die den Teilnehmern vorab zugesandt wurden, insbesondere in Form von Mindmaps, die sie ausfüllen sollten. Sie wurden angewiesen, uns Scans ihrer gesamten Notizen zu schicken. Dies wird uns auch ermöglichen, unseren Lernansatz zu bewerten.

Die letzte Herausforderung bestand darin, zwei Tage lang Videokonferenzen mit rund 50 Teilnehmer:innen in verschiedenen virtuellen Räumen (bis zu 7 parallel) abzuhalten und zwei Dolmetscher zu koordinieren. Um diese technische Meisterleistung zu vollbringen, wurde die Arbeitsgruppe von den Mitgliedern der technischen Abteilung der TUK unterstützt, wofür wir ihnen erneut unseren Dank aussprechen möchten.

Interview mit Frau Raphaela Maerten, Planungspraktikerin

Welchen Bezug haben Sie zur grenzüberschreitenden Planung in der Großregion?

Die Gebietskulisse des Regionalverbands Saarbrücken, mein Arbeitgeber, grenzt unmittelbar an die französische Grenze. Somit stoßt der Regionalverband fast täglich an grenzüberschreitende Herausforderungen – auch in der Planung. Diese sind beispielsweise eine koordinierte Abstimmung in der Steuerung von großflächigem Einzelhandel. Der Regionalverband Saarbrücken hat derzeit federführend die Koordination eines grenzüberschreitenden Modellvorhabens der Raumordnung für die Modellregion SaarMoselle übernommen – das erste deutsch-französische MORO. Darüber hinaus ist bzw. war der Regionalverband Saarbrücken strategischer Partner im Interreg Projekt REK-GR.

Welchen Mehrwert hatte das Planspiel für Sie?

Ich werde mich gerne an das Planspiel zurückerinnern. Es hat gezeigt, dass – wenn der Wille zur Zusammenarbeit vorhanden ist – eine Zusammenarbeit auch gelingen kann. Zwar erschweren gesetzliche Rahmenbedingungen die Kooperation oftmals, nichtsdestotrotz ist der Wille und das Definieren einer gemeinsamen Vision für ein Plangebiet/eine grenzüberschreitende Region weitaus wichtiger. Es macht Mut, dass entlang unserer Grenzen noch viel mehr möglich ist. Diesen Enthusiasmus nehme ich gerne in meinen beruflichen Alltag mit.

Wie fanden Sie das online Format des Planspiels?

Das online-Format war ein guter Ersatz für Zeiten, in denen das persönliche Treffen nicht möglich ist. Durch das Bildschirmteilen hatten zu jeder Zeit alle Teilnehmenden einen perfekten Blick auf das Spielfeld. Leider gingen aber auch viele – vor allem zwischenmenschliche – Aspekte verloren. Zwar hat man seine eigene Kleingruppe gut kennenlernen können, die anderen Teilnehmenden aber leider nur sehr wenig. Auch kulturelle Mentalitätsunterschiede, welche Einfluss auf die Planung nehmen können, konnten eher schlecht abgebildet werden.

Inwiefern können Sie das Erlernte nutzen?

Die digitale Version des Planspiels hat mir wieder aufgezeigt, dass wir sehr gute Plattformen und Möglichkeiten haben, ein solch komplexes Spiel auch online durchführen zu können. Ich werde dies für meine weiteren Projekte stets im Hinterkopf behalten.