Europäischer Homonationalismus und italienischer Regionalismus: Die Herstellung nichtkonformer Subjektivität in den Bereichen Gender und Sexualität an Europas südlichen Grenzen

Abstract

Dieses Forschungsprojekt behandelt die Themen der Migration, der Zugehörigkeit und der Staatsangehörigkeit homosexueller Menschen mit einem Schwerpunkt auf Italien und seiner Verbindungsrolle zwischen Süden und Norden aufgrund seiner geografischen Lage an der EU-Außengrenze und aufgrund seines internen Regionalismus und Nord-Süd-Gefälles.

Fragen und Problemstellungen

Die Menschen verlassen ihr Zuhause aus unterschiedlichen Gründen. Dazu gehören auch Rassismus und Verfolgung aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder Diskriminierung und Gewalt aufgrund ihrer sexuellen Ausrichtung oder ihres geschlechtlichen Ausdrucks. Aufgrund seiner geografischen Lage besitzt Italien die größte Anzahl an Flüchtlingsankünften in Europa. Als sicherer Hafen und Ziel der Flucht für manche Menschen, aber auch als Ort der ungünstigen Fluchtbedingungen für andere Menschen – diese unterschiedlichen Rollen Italiens führten zu Diskursen zu Migration, Staatsangehörigkeit und dem Körper. Auf der Grundlage von Balibar betrachtet dieses Forschungsprojekt Italien als Grenzgebiet. Es besagt, dass Italien mit seiner mehrschichtigen Grenzsituation einen produktiven Boden zur Analyse/theoretischen Betrachtung der Rolle der Grenze (Grenzüberschreitung) darstellt, wobei das Selbst und der Körper wie in Prozessen der Deterritorialisierung und der Reterritorialisierung geformt werden (siehe Fellner & Nossem 2018; bevorstehende Veröffentlichung). Colpani analysiert das „Europäertum des Homonationalismus“ im italienischen Kontext, wo „der nationale Raum hinsichtlich der Heterosexualität definiert wird […], [und] wo wir eine Neudeutung Europas als das Land der liberalen Sexualpolitik vorfinden“ (2014, 33). Hierbei erhalten europäische Richter die Rolle, Italien vor seinem „Rückstand“ (ibid) zu retten. In diesem Projekt wird eine Reihe von Fallstudien (z.B. Blogs, FB-Einträge, Websites, Aussagen von Aktivistengruppen) betrachtet. Es wird analysiert, wie Fragen des Nationalismus und der Grenzbildung miteinander verbunden sind bei der Entstehung eines sexuellen Staatsbürgertums. In diesem Zusammenhang kann Italien als ein Land gesehen werden, das zwischen dem Streben nach europäischer „Modernität“ und dem Kampf mit dem internen Rückstand im Einwanderungsbereich, der „die noch nicht erreichten, aber ‚bald kommenden‘ Rechte und Freiheiten bedrohen kann“ (Colpanie 2015), schwankt.

Website www.nossem.de

Ansprechpartnerin

Eva Nossem

UniGR-Center for Border Studies 

Universität des Saarlandes