Das Projekt „Borderland Stories“ gewinnt saarländischen Landespreis Hochschullehre 2022
Das Projekt „Borderland Stories“ gewinnt saarländischen Landespreis Hochschullehre 2022
Das Projekt „Borderland Stories“, das 2021 ins Leben gerufen worden ist, wurde am Mittwoch, den 22. März 2023 mit dem saarländischen Landespreis Hochschullehre 2022 ausgezeichnet.
„Ziel war es, Studierende aus der Großregion mit Studierenden aus der Ukraine zusammenzubringen und sie in einen Dialog über das Leben in ihren jeweiligen Grenzgebieten treten zu lassen“, sagt UniGR-CBS Mitglied Astrid M. Fellner bei der Preisverleihung.
- Das UniGR-Center for Border Studies und die Universität der Großregion sprachen mit dem Projektteam.
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Wie entstand die Zusammenarbeit zwischen der Universität des Saarlandes (UdS) und der Petro Mohyla Black Sea National University in Mykolajiw (PMBSNU)?
Die Zusammenarbeit mit Mykolajiw und insbesondere mit den hier ebenfalls ausgezeichneten Prof. Oleksandr Pronkevych und Dr. Alina Mozolevska reicht schon viele Jahre zurück. Bereits vor der Pandemie fand reger Austausch zwischen beiden Institutionen statt. Ich hatte bereits seit 2014 im Rahmen der DAAD-Ostpartnerschaft mit Mykolajiw zusammengearbeitet, zunächst im Bereich der Populären Kulturen und seit 2017 im Bereich der Border Studies. Wir hatten uns gegenseitig besucht, Gastvorträge gehalten, gemeinsame Workshops und Konferenzen ausgerichtet. Eva Nossem, Bärbel Schlimbach und ich waren mehrmals in der Ukraine und hatten sehr eng mit den Kolleg:innen dort zusammengearbeitet. Im WS 21/22 unterrichteten wir gemeinsam mit Dr. Oksana Starshova an der Universität in Mykolajiw eine „Introduction to Cultural Border Studies“.
Prof. Pronkevych, der lange Jahre Dekan an der PMBSNU war, trat dann schließlich im Frühjahr 2021 mit der Idee an uns heran, eine virtuelle Media School gemeinsam auszurichten, für die Eva Nossem und ich schnell ein Team aus Expert:innen finden mussten. Mit dem Förderprogramm „MEET UP! Youth for Partnership“ der EVZ-Stiftung konnten wir auch einen großzügigen Partner zur Finanzierung des Projektes gewinnen.
Tobias Schank, Sie sind einer der Projektkoordinator:innen von „Borderland Stories“: Welche Ziele verfolgte dieses interkulturelle Multimediaprojekt?
Zunächst war es uns wichtig, Studierende beider Universitäten zusammenzubringen und ihnen einen sicheren Ort zum Erfahrungsaustausch über Grenzräume zu bieten, da das auch die thematische Grundlage sein sollte für die späteren Multimediaprojekte. Die Themenwahl wollten wir ganz den Studierenden offen lassen. Die Sensibilisierung für die Erfahrungen der Kommiliton:innen und damit die Schulung interkultureller Kommunikation bei den Studierenden stand absolut im Vordergrund.
Nach einer größeren Kennenlernrunde sorgte unser Expert:innen-Team aus Dozent:innen und Kreativen in einführenden Vorträgen und intensiven Master Classes dann dafür, dass die Studierenden das nötige Rüstzeug – akademischer Natur wie handwerkliches Know-How im Erstellen von Multimedia-Produkten – mitbekamen und selbstständig und eigenorganisiert zusammenarbeiten konnten.
Als wir dann spürten, welch großartige Projekte die Studierenden gemeinsam entwickelten, setzten wir alles in Bewegung, ihnen die größtmögliche Öffentlichkeit auch außerhalb des universitären Raumes zu geben (bspw. bei der Projektpräsentation im MUDAM Luxembourg im Rahmen des Symposiums „Riverine Borders“ am 20. Mai 2022), was mit der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022 natürlich eine fürchterliche, ungeahnte neue Brisanz erhielt. Inzwischen ist Borderland Stories auch zum Artefakt geworden: für interkulturelle Zusammenarbeit, Solidarität und den kreativen, wissenschaftlichen, aber vor allem lebenswirklichen Austausch über Grenzen (hinweg), und das Bauen von Brücken in Zeiten der Krise.
Wie wurde das Projekt umgesetzt und was sind die Ergebnisse?
Borderland Stories wurde überwiegend im Virtual Classroom, d.h. online abgehalten. So fanden die einführenden Vorträge, die Master Classes wie auch die Gruppenarbeiten und Sprechstunden mit den Expert:innen per Videokonferenz statt. Für die asynchrone Kommunikation mit und zwischen den Studierenden wurde die Lehr-Lernplattform OLAT genutzt.
Darüber hinaus nutzten auch einige Studierende die Möglichkeit sich persönlich zu treffen und nahmen dafür weite Reisen auf sich. Diese Reisen konnten dank der DAAD-Ostpartnerschaftsmittel und der EVZ Stiftung bezahlt werden.
In ihren Kleingruppen, die sich überwiegend aus Vertreter:innen beider Universitäten zusammensetzten, erarbeiteten die Studierenden dann ein selbstgewähltes Thema. Dabei war die klare Vorgabe, zwar wissenschaftlich zu recherchieren und entsprechend Ergebnisse zu formulieren, diese aber in einem kreativen, multimedialen Produkt zusammenzufügen, zu präsentieren, und anschließend in einen sogenannten Long Read einzubetten – ein journalistisches Format, das konventionellen Text mit multimedialen Elementen kombiniert, um ein immersiveres Leseerlebnis zu generieren. Diese insgesamt zehn Multimediaprodukte der Studierenden wurden dann auf der Website borderland.online, auf der auch das Gesamtprojekt Borderland Stories präsentiert wird, gesammelt und verlinkt.
Die Arbeiten der Studierenden sind einerseits Zeugnis für das Engagement junger Menschen, über Grenzen hinweg zusammenzuarbeiten, sich politisch zu positionieren und solidarisch mit den Erfahrungen anderer zu zeigen. Sie zeugen darüber hinaus von einer enormen kulturellen Vielfalt, die insbesondere in peripheren Grenzräumen sichtbar werden, da sich hier schwer greifbare aber wirkmächtige, identitätsstiftende Aspekte des täglichen Lebens an dem oftmals rigiden Trennregime nationalstaatlicher Grenzziehungen reiben. Diese Reibung setzt eine kreative Energie frei, die durch die vielen Prismen der studentischen Arbeiten farbenfroh sichtbar wird.
Welche Herausforderungen gab es zu bewältigen?
Die gemeinhin als Hürde begriffene Form der virtuellen Kommunikation, d.h. ein Unterrichten fernab von konventionellen Seminarräumen, stellte im Fall dieses Lehr-Lernprojektes eine unverzichtbare Bereicherung da, da sie das barrierefreie, grenzen- und zeitzonenübergreifende und sichere Zusammenkommen einer so großen, internationalen Gruppe überhaupt erst ermöglichte.
Die zweifelsohne größte Herausforderung ergab sich durch die russische Invasion in der Ukraine erst nach dem offiziellen Ende der Projektlaufzeit, da es sich zunehmend schwierig und kostspielig gestaltet, die von den ukrainischen Kolleg:innen verwaltete Website zu administrieren und somit die studentischen Arbeiten nachhaltig verfügbar zu halten.
Jessica Nouguier hat an dem Projekt teilgenommen: Welchen Mehrwert hatte dieser Austausch für Sie?
Dank der intensiven Gruppenarbeiten im Seminar besteht weiterhin Kontakt zwischen uns Seminarteilnehmenden über das Ende der Lehrveranstaltung hinaus. Dies hat im Zuge des russischen Überfalls auf die Ukraine unter anderem dafür gesorgt, dass Studierende der UdS ihre ukrainischen Teammitglieder bei sich aufgenommen oder Hilfe bei der Suche nach einer Unterkunft in Saarbrücken geleistet haben. Bis heute stehen wir Studierende miteinander in Kontakt, einige der ukrainischen Studierende sind bereits als Erasmus-Studierende an der UdS regulär eingeschrieben und setzen ihr Studium nun in Deutschland fort. Das Seminar führte somit zu einzigarten menschlichen Begegnungen und neuen Freundschaften.
Darüber hinaus hatte das Seminar auch persönlich einen Mehrwert: Die interkulturelle Zusammenarbeit im Rahmen des Projekts schafft auch nachhaltig neue Perspektiven und Visionen auf die Welt und vermittelt wichtige Kompetenzen und leistet einen Beitrag zur Identitätskonstruktion und kritischen Reflexion der Teilnehmenden.
Webseite des Projekts « Borderland Stories »: https://www.borderland.online/
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