Neues Buch – Border Complexities and Logics of Dis/Order

Border Complexitites

Neues Buch – Border Complexities and Logics of Dis/Order

Date de début

Der interdisziplinäre Open Access-Band, an dem fünf UniGR-CBS-Mitglieder mitgearbeitet haben, beschäftigt sich mit dem noch jungen Trend, Grenzen als komplexe Phänomene zu betrachten und zu untersuchen. Obwohl der Trend schon in den 2010er Jahren einsetzte, wurde das Verhältnis von Komplexität und Grenzen noch nicht ausführlich diskutiert. In der aktuellen Debatte kursieren vielmehr ein diffuses Komplexitätsverständnis und unterschiedliche Auffassungen darüber, was an Grenzen komplex sei.

Hier setzt der Band an, indem Komplexität näher bestimmt, methodologisch-analytische Überlegungen vorgestellt und Border Complexities in empirischen Fallstudien untersucht werden. Die 13 Autor:innen entwickeln Perspektiven für eine komplexitätsorientierte Grenzforschung und zeigen, wie Grenzen als wirkmächtige Un/Ordnungen entstehen und funktionieren.
 


Bibliographische Angaben
Wille, Christian / Leutloff-Grandits, Carolin / Bretschneider, Falk / Grimm-Hamen, Sylvie / Wagner, Hedwig (Hg.) (2024): Border Complexities and Logics of Dis/Order. (Border Studies. Cultures, Spaces, Orders, Vol. 7). Baden-Baden, Nomos, DOI: 10.5771/9783748922292.

Open Access Download hier
 

Autor:innen
Falk Bretschneider, Cécile Chamayou-Kuhn, Ulla Connor, Norbert Cyrus, Astrid M. Fellner, Dominik Gerst, Henk van Houtum, Guillaume Javourez, Rodrigo Bueno Lacy, Daniel Lambach, Carolin Leutloff-Grandits, Islam Rachi und Christian Wille

Inhalt

Dynamics of Dis/Order in Border Complexities
Carolin Leutloff-Grandits and Christian Wille

Border Complexities. Outlines and Perspectives of a Complexity Shift in Border Studies
Christian Wille

Insights from Complexity Thinking for Border Studies: The State Border as Emergent Property of International Relations Systems
Norbert Cyrus

Seeing Like a Complex Border: On the Methodology of Complexity-Oriented Border Research
Dominik Gerst

Situated Bordering: Developing Border Complexities from a Praxeological Research Perspective
Ulla Connor

Contre parallèles et méridiens : Bordertexturing – la complexité de la frontière entre le Canada et les États-Unis
Astrid M. Fellner

Border complexities à l’exemple du roman Der falsche Inder de l’auteur Abbas Khider. Loi, frontières et logiques de « dés-ordre »
Cécile Chamayou-Kuhn

The Borders of Banishment. Liminality and Penal Practice in the Early Modern Holy Roman Empire
Falk Bretschneider

Shifting B/Orders: Europeanization and Cross-Border Practices Between North Macedonia and Greece
Guillaume Javourez

EUrope’s Border Dis/Order: The Autoimmunity of a Deadly B/Ordering Regime
Henk van Houtum and Rodrigo Bueno Lacy

A Land of Wolves: The Rise of Legal Anomie in Administering Expedited Removals of Illegal Aliens in the United States
Islam Rachi

B/Ordering the State in Cyberspace
Daniel Lambach

Herausgeberinterview

Herr Wille, mit Carolin Leutloff-Grandits und anderen Kolleg:innen haben Sie ein Buch zu Grenzkomplexitäten und Un/Ordnungen herausgegeben. Was erwartet die Lesenden?

Insgesamt sind wir fünf Forschende aus Luxemburg, Deutschland und Frankreich, die diesen ersten von insgesamt zwei Bänden herausgeben. Das Buch ist der Versuch, einen noch jungen Trend im interdisziplinären Nachdenken und Untersuchen von Grenzen zu fundieren. Die Lesenden erwartet daher eine theoretisch-konzeptionelle, aber auch empirische Auseinandersetzung mit Grenzen, die wir zu dem erweitern, was wir als Border Complexities bezeichnen.
 

Was verstehen Sie unter komplexitätsorientierter Grenzforschung?

In der Grenzforschung wird schon seit einigen Jahren unermüdlich konstatiert, dass Grenzen komplex seien. Was damit aber genau gemeint ist und welche forschungspraktischen Konsequenzen damit verbunden sind, dazu äußern sich Grenzforschende kaum. Hier setzt das Buch an und stellt dem inflationären Gebrauch des Komplexitätsbegriffs fundierte Ideen entgegen. Zum einen betonen wir, dass Grenzen nicht per se komplexe Gebilde sind, sondern die Komplexitätsorientierung eine spezifische und durchaus gewinnbringende Art ihrer wissenschaftlichen Betrachtung ist. Zum anderen legen wir das Grundprinzip der Grenze an – nämlich die Welt zu ordnen – und verknüpfen es mit dem Komplexitätsdenken. Hier ist für uns die Idee leitend, dass eine Grenze mehr ist als die Summe ihrer Teile – oder analytisch gedacht: dass eine Grenze nicht über ihre Teile erklärt werden kann, sondern über das Zusammenspiel ihrer Teile.
 

Und was bedeutet das nun mit Blick auf Grenzforschung?

Wir bauen auf den progressiven Trends aktueller Forschung auf, die Grenzen als wirkmächtige Gefüge aus Diskursen, Praktiken, Objekten, Körpern, Wissen usw. verstehen. Während solche Elemente bisher eher isoliert voneinander untersucht wurden, betont die Komplexitätsorientierung das Zusammenspiel dieser Elemente und Dimensionen. Wir bezeichnen es als komplex, weil aus ihm Un/Ordnungen und damit Grenz(ziehung)en hervorgehen, die als emergente Eigenschaften komplexer Gefüge zu betrachten sind. Für diese besondere Sicht auf Grenzen operieren wir mit Border Complexities – ein Konzept, das Grenzen als relationale Gefüge versteht und auf das Zusammenwirken ihrer Elemente sowie die daraus resultierenden Un/Ordnungen und Borderings fokussiert.
 

Das klingt alles sehr abstrakt. Wie haben Sie denn Mitstreiter:innen für das Buchprojekt gewonnen?

Gerade weil es in der Wissenschaft immer unüblicher wird, angemessene Ressourcen für die theoretisch-konzeptionelle Reflexion bereitzustellen, empfehlen wir unser Buch zur Lektüre. Darin finden sich auch Fallstudien, die das Entstehen und die Wirkmächtigkeiten von Un/Ordnungen zum Beispiel in europäischen Grenzregionen oder im EU- und US-Migrationsregime rekonstruieren. Wir danken den 13 Autor:innen, dass sie sich auf das Buchprojekt eingelassen haben, mit ihnen arbeiten wir zum Teil schon seit 2019 zusammen. Sie waren an dem internationalen Kooperationsprojekt „Border Complexities“ beteiligt, in dem dieses Buch entstanden ist. Der Band – wie auch der bald nachfolgende – bündeln die Projektergebnisse und leisten damit einen fundierten Beitrag zum rezenten Complexity Shift in der Grenzforschung.


Das Buch präsentiert die Ergebnisse des internationalen Kooperationsprojekts „Border Complexities“ (2019-2022), das von der Deutsch-Französischen Hochschule gefördert wurde und an dem Grenzforschende aus Deutschland, Frankreich und Luxemburg beteiligt waren.


Kontakt

Christian Wille

Department of Geography and Spatial Planning

Universität Luxemburg