From Border as Method of Capital to Borderscape as a Method for a Geographical Opposition to Capitalism

From Border as Method of Capital to Borderscape as a Method for a Geographical Opposition to Capitalism

Sprache(n)
Englisch
Einleitung

Geographische Konzepte wurden vielfach genutzt, um das kapitalistische Wirtschaftssystem zu unterstützen. Brambilla denkt in ihrem Artikel daher die geographischen Konzepte von Landschaft und Grenze neu, um mit Hilfe des Konzepts der „borderscape“ eine geographische Alternative zum Kapitalismus anzubieten.

Zusammenfassung

Brambilla betrachtet den globalen Kapitalismus als fundamental geographisches Projekt, da er sich auf die Beziehung zwischen Staat, Territorium und Kapital gründet, die in engem Zusammenhang mit geographischen Konzepten wie Grenze und Landschaft stehen. Die ungleich entwickelte Landschaft, die dadurch entsteht, ist die Basis des kontemporären Kapitalismus. Um eine alternative (geo)politische Vision zum Kapitalismus zu schaffen, bedarf es laut Brambilla einer Neukonzeptualisierung von eher klassischen, statischen geographischen Kernkonzepten wie ‚Landschaft‘ und ‚Grenze‘. Sie schlägt daher das Konzept der borderscape vor, welches auf den prozesshaften Charakter von Grenzlandschaften verweist und nutzt es in Anlehnung an Mezzadra und Neilson (2013) als Methode für eine geographische Opposition gegen den Kapitalismus.

Inhalt

In ihrem Artikel stellt Brambilla einleitend fest, dass es an kritischer Reflexion über die Beziehung von Kapitalismus und Territorium mangelt. Sie bezieht sie sich dabei auf Neil Smith (2008), der argumentiert, dass der Kapitalismus das 20. Jahrhundert überlebte, da die spezifische Raumproduktion, eine ungleich entwickelte Landschaft herstellt, die grundlegend für das Funktionieren des Kapitalismus sei. Brambilla stellt heraus, dass diese ungleich entwickelte Landschaft auch auf geographischen Kernkonzepten wie ‚Grenze‘ und ‚Landschaft‘ basiert, und der Art wie diese die Welt strukturieren. Daraus schließt sie, dass die Geographie auch alternative Konzepte als Widerstand gegen den Kapitalismus bieten sollte. Sie fragt in ihrem Artikel nach den Wechselwirkungen zwischen Kapitalismus und Geographie und versucht mithilfe des Konzepts der borderscape eine alternative Perspektive zu eröffnen.
Sie erläutert die Beziehungen von Staat, Grenze und Kapital mit Bezug auf Mezzadra und Neilson (2013), Harvey (2014) und Agnew (1994). Mezzadras und Neilson betrachten die Grenze einerseits als Methode des Kapitals und andererseits als epistemologische Methode. Diese doppelte Konzeption erlaubt einen kritischen Blick auf die komplexe Beziehung von modernen Staaten zum Kapitalismus. Nach Harvey führte vor allem die Etablierung politischer Grenzen dazu, dass die Grenzüberquerungen von Menschen, Gütern und Geld kontrolliert wurden. Daher haben Staat und Kapital oft widersprüchliche Räumlichkeiten („spatialities“), z.B. in Bezug auf Migrationspolitik. Agnews Idee der „territorial trap“ bezeichnet die moderne geographische Imagination, dass Grenzen natürliche, statische Linien sind, die Territorien und damit staatliches Recht und Souveränität begrenzen. Diese staatszentrierte Epistemologie der Grenze führt laut Agnew zu einer „territorial fixity“ und binären Oppositionen, wie innen/außen und Zentrum/Peripherie, welche wiederum zur ungleichen Entwicklung von Landschaften beitragen, durch die Staat und Kapital miteinander verbunden sind.  Brambilla schlägt nun vor die Grenze nicht mehr auf die geopolitische Linie zwischen Staaten zu reduzieren, sondern sie neu zu denken und ihre multidimensionalen Bedeutungen zu beachten, um ein komplexeres Verständnis der Beziehung von Kapital und Staat zu erlangen. Daraus folgt für Brambilla eine heterogene Geographie von globalen Räumen, wo Grenzen als Ausgangspunkt für theoretische und empirische Überlegungen zum Verständnis des kontemporären Kapitalismus werden können.
Sie betrachtet Landschaft in Anlehnung an Turri (2008) und Turco (2010) als Vermittler zwischen Mensch und Territorium sowie als kulturellen Prozess und kommunikatives Kapital. Durch Landschaft drücken sich soziale Konflikte aus, welche die globalen kapitalistischen Geographien charakterisieren. Da Landschaft ebenso als liminaler Raum verstanden werden kann, der durch Bewegung und Wandel gekennzeichnet ist, hat sie auch das Potenzial die Beziehung von Territorium, Grenzen und Kapital zu beleuchten.
Abschließend entwirft Brambilla ihr Konzept der borderscape als Methode für eine geographische Opposition zum Kapitalismus. Sie konzeptualisiert die borderscape in Anlehnung an die verschiedenen Ideen von –scapes, die Appadurai (1996) als Dimensionen der „global cultural flows“ versteht. Für Brambilla können durch die Idee der –scapes die fluiden und ungleichen Formen der Globalisierungslandschaften dargestellt werden. So sieht sie auch die borderscape als prozesshaftes und de-territoriales Konzept der Grenze und der damit verbundenen Praktiken. Die borderscape ist immer ‚in the making‘ und Ausdruck hegemonialer Räume und Zeiten des globalen Kapitalismus. Gleichzeitig ist sie aber auch ein Gemeingut und kann somit ein Ort des antikapitalistischen Widerstands sein. Brambilla schließt, dass die borderscape zum Ort der Produktion neuer politischer Räume werden kann, die sic gegen globale kapitalistische Geographien richten, wodurch es nötig wird auch die Beziehung von Raum und dem Politischen neu zu denken.

Fazit

Brambilla schlussfolgert, dass geographisches Wissen und Kernkonzepte überdacht werden müssen, um eine alternative zum globalen kapitalistischen System möglich zu machen. Sie denkt die statischen Konzepte von Landschaft und Grenze neu und entwickelt die Idee der borderscape, die einen fluiden, liminalen, politischen Raum „in the making“ darstellt. Durch die borderscape als Methode entsteht eine alternative (geo)politische Imagination, die das globale kapitalistische System in Frage stellt. Die borderscape ist einerseits ein hegemonialer Ort durch den Staaten zur Produktion ungleicher Landschaften beitragen, andererseits ist sie ein Gemeingut und Ort des Widerstands gegen den Kapitalismus. Dies ermöglicht ein neues Verständnis des Verhältnisses von Raum und dem Politischen. Die Idee der boderscape drückt somit den ständigen Konflikt und Aushandlungsprozess zwischen der Grenze als Methode des Kapitals und als Gemeingut für die geographische Opposition gegen den Kapitalismus aus.

Kernaussagen
  • Die Geographie und ihre Konzeption der Welt ist an der ungleichen Entwicklung von Landschaft und somit am Funktionieren des globalen Kapitalismus beteiligt
  • Die Geographie muss neue Konzepte entwickeln, um eine alternative (geo)politische Imagination zum Kapitalismus zu entwerfen
  • Um die Beziehung von Territorium und Kapitalismus besser zu verstehen müssen die geographischen Kernkonzepte Landschaft und Grenze neu gedacht werden
  • Das Konzept der boderscape hat das Potential als epistemologische Methode und geographische Opposition gegen den Kapitalismus zu fungieren, da es Grenze nicht als statisch (geo)politische Linie, sondern als fluide Konfiguration versteht, die sowohl Ort der Ausübung hegemonialer Macht als auch Ort des Widerstands gegen den Kapitalismus sein kann
Leitung

Dr. Chiara Brambilla, Université de Bergame, Département des sciences humaines et sociales

Verfasser des Eintrags
Ansprechpartner
Erstellungsdatum
2019